Walter Bauer - Zeittafel seines Lebens

Wenn man lebendig ist, wird alles, was man berührt, lebendig.
Walter Bauer

1904 Am 4. November geboren in Merseburg (Vorwerk 5). Vater: Johann Herrmann Bauer (1866-1946), Fuhrmann; Mutter: Emilie Bauer (geb. Schierhold) (1859-1928)

Walter Bauer war immer gedanklich eng mit seiner Heimatstadt Merseburg verbunden. In dem postum 1980 erschienen Roman "Geburt des Poeten" erinnert er sich einfühlsam an den Ort seiner Kindheit und Jugend, an seine Eltern und Geschwister.

1911-1919 Besuch der Windbergschule in Merseburg

Da Walter Bauer aus armen Verhältnissen stammte, aber ein begabter Schüler war, förderten ihn sein Lehrer Karl Gutbier und der spätere Direktor der Windbergschule Gustav Röth. Die Eltern wurden überzeugt, daß der Junge weiter zur Schule gehen konnte.

1919-1925 Besuch des Staatlichen Lehrerseminars in Merseburg

Trotz sechsjähriger Ausbildung fand Walter Bauer keine Arbeitsstelle als Lehrer.

1925 Wanderung durch Deutschland, Österrreich, Italien und die Schweiz

Diese beschwerliche Reise unternahm er mit seinem Freund Helmut Kühne. Sie lebten als Arbeiter und Vagabunden. Er wollte und konnte auch seine Kenntnisse für seine pädagogische Laufbahn erweitern. So machte er also aus der Not der Arbeitslosigkeit eine Tugend.

1926-1928 Gelegenheitsarbeiter, Berichterstatter beim "Merseburger Korrespondent" und Redakteur der Kinderwochenzeitung "Der Hutzelmann", Germanistikstudium in Halle

Dr.Siegfried Berger, der Chefredakteur des "Merseburger Korrespondent", wurde auf den jungen Walter Bauer aufmerksam. Er förderte ihn und gab ihm Aufträge.

1928-1930 Hauslehrer in Leuna und Lehrer in Stangerode (Harz)

Diese Zeit war gekennzeichnet durch verschiedene Anstellungen als Lehrer. In der "Sächsischen Vokszeitung" veröffentlichte sein Förderer Walter Victor im Dezember 1928 Gedichte von Walter Bauer. Ebenfalls gefördert durch Walter Victor, erschien 1929 sein erster Gedichtband "Kameraden zu euch spreche ich".
Als Schriftsteller bekannt wurde Walter Bauer durch "Stimme aus dem Leunawerk" (1930).

1930 Am 8. März Heirat mit Clärle Fromme, geb. Dautel
Im Juli Übersiedlung nach Halle

Walter Bauer erhielt den Frans-Masereel-Preis für Gedichte zu dessen Werk "Geschichte ohne Worte".

1933-1940 Druckverbot seiner vor der Machtergreifung der Nazis erschienen Bücher.
Nach einer geheimen Begegnung mit Stefan Zweig Verweis wegen "pflichtwidrigen Verhaltens".
Zeitweilige Schikanen der Schulbehörde und der Reichsschrifttumskammer.

In diesen Jahren schrieb er Romane wie "Das Herz der Erde", "Der Lichtstrahl", Kinderbücher und den Essayband "Das Lichte und das Dunkle. Bildnisse europäischer Maler".

1940-1946 Soldat in Frankreich, Rußland, Griechenland und Italien, danach Gefangenschaft in Italien und Österreich.

Auch während der Zeit als Soldat im II. Weltkrieg konnte Walter Bauer nicht verstummen. Es erschien ihm überlebensnotwendig zur Bewahrung von Kultur und Humanität. Es entstanden in diesen Jahren u.a. "Tagebuchblätter aus Frankreich" (1941), "Bis zum letzten Hahnenschrei" (1943) und "Tagebuchblätter aus dem Osten" (1944).

1946-1948 Freier Schriftsteller in der Nähe von München (Wolfratshausen, Icking, Feldafing).

In seine Heimatstadt Merseburg kehrte er aus der Gefangenschaft nicht zurück. Nach den schlimmen Erlebnissen als Lehrer und Soldat entschied er sich für die Literatur als Lebensaufgabe. Seine Gedanken über diesen Schritt legte er dem Kriegsheimkehrer Scherer in seinem autobiografischen Roman "Besser zu zweit als allein" in den Mund: "Ich will nicht mehr schwindeln, ich will nichts mehr sagen, was ich nicht für wahr halte. Ich kann Kindern nichts mehr vormachen....Und dann die Kollegen. Es sind dieselben. Dieselben werden es sein, und nun werden sie das Gegenteil von dem reden, was sie gepredigt haben. Ich habe das alles zu lange mitgemacht - sechs Jahre - und vorher. Aber jetzt? Nein.

1949-1952 Im Januar Übersiedlung nach Stuttgart, im August Heirat mit Jutta Ingenohl, geb. Junker (1949).
August (1952) Ehescheidung.
Im September (1952) Auswanderung nach Kanada.

Deutschland nach dem Krieg ließ ihn nicht das Deutschland finden, wonach er sich sehnte. Seine in dieser Zeit erschienenen Werke "Das Gewissen Europas" und "Dämmerung wird Tag" wurden zwar beachtet aber er entschloß sich, nach Kanada auszuwandern.

1952-1954 Fabrikarbeiter, Packer und Tellerwäscher, später Redakteur in Toronto

Schwere Zeiten begannen für Walter Bauer in seiner selbstgewählten neuen Heimat. Seine Eindrücke und die Empfindungen eines Ausgewanderten verarbeitete er in "Nachtwachen des Tellerwäschers", "Mein blaues Octavheft" und vielen Gedichten.

1954-1959 Studium moderner Sprachen (Deutsch, Italienisch, Französisch) und Literatur an der Universität in Toronto

Mit 50 Jahren und voller Zweifel setzte er sich noch einmal auf die Schulbank. Er vermutete, besonders dem Französischen nicht gewachsen zu sein. Aber da ihm die Arbeit in der Fabrik und als Tellerwäscher die Zeit als Schriftsteller stahl, kämpfte er und schloß das Studium der modernen Sprachen mit dem B.A. (Baccalaureus Artium) ab.

1957 begann er ein Magisterstudium, das er 1959 erfolgreich beendete. Aus seiner Magisterarbeit enstand später eine Biografie über Pestalozzi "Die Kinder und die Armen".

1956 Im Januar kurzer Aufenthalt in Deutschland, um den Albert-Schweitzer-Buchpreis in Empfang zu nehmen.

Er erhielt für die Nansen-Biografie "Die langen Reisen" diesen Buchpreis. Er bekannte in seinem Tagebuch: "Von Nansen schreibend machte ich mir Mut" (2.6.1955).

1959-1976 Lehrt deutsche Sprache und Literatur an der Universität inToronto
Ernennung 1967 zum Associate Professor

Lehren und Schreiben halfen ihm, sich in Kanada heimisch zu fühlen. Durch die Anerkennung, die seinem Schaffen hier zuteil wurde, konnte er sich bestätigt fühlen. Es entstanden u.a. Werke wie "Ein Jahr. Tagebuchblätter aus Kanada" (1967) und "Liebe zu Deutschland heißt leiden an Deutschland. Briefe aus Kanada 1962-1976" (1983)

1976 Am 23.Dezember nach zweiwöchigem Krankenlager gestorben, beigesetzt auf dem Mount pleasant Cementry in Toronto

In der Traueranzeige des Merlin-Verlages, Hamburg, zum Tode Walter Bauers steht:
"Er hatte den Deutschen viel zu sagen und sagte es;
aber er sprach leise und wurde nicht gehört in einer Zeit,
wo die Lautstärke schon als Botschaft gilt."

Als Abschiedsgruß zwei Verse aus einem seiner Gedichte:

Als man ihn fragte,
Wen er am meisten geliebt habe,
Schwieg er; aber sie konnten sehen,
Daß er an alle dachte,
Die er geliebt hatte.

Ich war hier.
Es war gut, hier zu sein.

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